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Die härtesten Kilometer meines Lebens – und warum ich sie gehen musste

Ein Erfahrungsbericht von Fabian beim Megamarsch Nürnberg


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50 Kilometer. Ich habe es geschafft.

Und ich sage das mit einer Mischung aus Stolz, Erleichterung und ehrlicher Demut.



Aber von vorn:


Vor zwei Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich jemals 50 Kilometer am Stück gehen könnte. Damals war ich körperlich und mental an einem ganz anderen Punkt.

Über 100 Kilo schwerer, unsicherer, oft müde vom Leben – und von mir selbst. Und trotzdem begann ich, Schritt für Schritt, mein Leben zu verändern.


Dass ich irgendwann am Start eines Megamarsches in Nürnberg stehen würde, war nie Teil eines großen Plans. Es war vielmehr das Ergebnis tausender kleiner Entscheidungen: weitergehen, durchhalten, nicht aufgeben.

Genau deshalb hatte dieser Tag für mich eine besondere Bedeutung.

Es ging nicht nur um Kilometer.

Es ging darum zu sehen, wer ich heute bin.



Der Start – Leichtigkeit, Respekt und ein stiller Realitätscheck


Als der Marsch begann, war ich guter Dinge. Die Stimmung war stark, das Wetter

spielte einigermaßen mit – 3 Grad, nass, kalt – und die ersten Kilometer fühlten sich

überraschend leicht an.


Doch schon früh wurde mir klar:

„Diese Strecke wird ehrlich mit mir sein.“


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50 Kilometer hören sich groß, aber irgendwie machbar an – doch 50 Kilometer wandern erzählen eine andere Geschichte. Eine, in der man sich selbst nicht ausweichen kann.


Die ersten Kilometer liefen flüssig. Man ist wach, neugierig, voller Anspannung – aber nicht „frisch“ im klassischen Sinne, sondern eher bereit, sich dem zu stellen, was kommt.


Doch irgendwann spürt man nicht mehr nur, dass man unterwegs ist. Man spürt, dass man kämpft. Die Route zeigte mir schnell, warum dieser Marsch – obwohl flach – zu den härteren

zählt: wechselnde Untergründe, lange, monotone Passagen, kaum Ablenkung.

Genau die Art von Strecke, die Körper und Kopf gleichzeitig prüft.

Der Weg führte vom Valznerweiher über eine lange Waldstrecke Richtung Fischbach, weiter über Röthenbach bis nach Wendelstein.

20 Kilometer geschafft.



Der Mittelteil – die ehrliche Phase


Je weiter ich kam, desto deutlicher spürte ich, wie hart es wirklich wurde. Meine Füße brannten, der Rücken zog, die Beine wurden schwer. Jede Pause war gleichzeitig eine Erleichterung und eine Gefahr – denn das Wiederanlaufen tat jedes Mal mehr weh.


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Ich dachte an meine letzten zwei Jahre zurück.

An die Momente, in denen ich hätte aufgeben können.

An die Tage, an denen alles wehtat.

An die Zweifel.

An die Rückschläge.


Und dann war da diese Erkenntnis:

Dieser Marsch ist meine ganze Reise – komprimiert auf einen einzigen Tag.


Nach dem dritten Verpflegungspunkt kam dann plötzlich ein unerwartetes Hoch.

Bei Kilometer 30 lief es richtig gut – ich konnte 6–7 Kilometer wieder richtig Tempo machen. Doch bei Kilometer 37 kamen die ersten Krämpfe. Eine massive Blase am linken Fuß meldete sich. Mittlerweile acht Stunden unterwegs – und die Zweifel wurden lauter.



Schmerz, Wille, Weitergehen


Es gab Phasen, in denen ich nicht wusste, wie ich die nächsten Kilometer schaffen

soll. Der Kopf wurde leiser, der Körper lauter.

Jeder Schritt war eine Verhandlung:

„Nur bis zur nächsten Ecke.“

„Nur bis zur nächsten Kurve.“

„Nur fünf Minuten weiter.“

Genauso habe ich 100 Kilo verloren. Nie durch große Sprünge. Immer durch kleine Schritte.

An leichten Tagen – und an brutal schweren. Dieser Megamarsch hat mich daran erinnert, dass Stärke nicht bedeutet, keine Schmerzen zu haben. Sondern weiterzugehen.

Trotzdem.


Nach dem letzten Verpflegungspunkt bei Kilometer 42 war ich kurz vorm Ende.

Alles in mir wollte stoppen – aber der Wille war stärker. Ich war stärker.


„9 Kilometer noch. Wenn du 42 geschafft hast, schaffst du die auch.“

Doch dann wurde es dunkel. Kalt. Still.

Ich war bereits neun Stunden unterwegs. Und als ich realisierte, dass noch über zweieinhalb Stunden Marsch bei 3 Grad vor mir lagen, war ich mental ganz kurz davor zu zerbrechen.

Aber eins wusste ich:

So endet meine Geschichte nicht.


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Die letzten Kilometer – wo alles ehrlich wird


Die letzten Kilometer fühlten sich an wie ein eigenes Kapitel. Die Zeit zog sich endlos.

Jeder Stein war ein Gegner. Jeder Schritt ein Prüfungsmoment. Doch dann übernahm mein Kopf.


Nicht laut. Nicht heroisch. Ganz ruhig.

„Du hörst nicht auf.“

Und irgendwann kam die Gewissheit:

Ich schaffe das.


Als ich ins Ziel kam, war es kein Moment von lautem Jubel. Es war Stille. Erleichterung. Respekt.

Vor der Strecke. Vor mir selbst. Vor dem Weg, den ich gegangen bin.


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Die Frage nach dem Warum


Ich wurde oft gefragt, warum ich sowas mache. Und ehrlich gesagt: Ich wusste es nicht.

War es ein Test? Ein Beweis? Eine Flucht? Eine Bestätigung?


Heute, drei Tage nach dem Lauf, kann ich sagen: Ich weiß es immer noch nicht ganz.

Ich muss diesen Tag, diese Strecke, diese Schmerzen und diese Stärke erst verarbeiten.


Aber eins weiß ich sicher:

In solchen Momenten sieht man, wer man wirklich ist. Man wächst. Man begegnet sich selbst.

Man merkt, dass man viel mehr kann, als man glaubt. Ob weitere Märsche dazukommen?

Ich weiß es noch nicht.

Vielleicht ja.

Vielleicht nein.

Vielleicht erst, wenn ich das hier vollständig gefühlt habe.


Aber eins steht fest:

Dieser Weg hat mich verändert. Und mein Weg ist noch lange nicht zu Ende.

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