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MEGAMARSCH KÖLN 2017: ORGANISATOR IM SELBSTTEST



Hallo liebe Megamarscher,

zunächst nochmals herzlichen Glückwunsch an alle Finisher 2017 und an alle, die Ihre eigenen Grenzen, egal bei welchem Kilometer überwunden haben. Letztes Jahr haben wir den Megamarsch ins Leben gerufen. Eigentlich für uns selber und wir wollten nur ein paar Mitstreiter finden, um das Nötigste organisieren zu können und die Organisation auf mehreren Schultern zu verteilen. Kurzerhand waren 200 Teilnehmer dabei und mein Traum selber mitzugehen war vorbei. Wir haben durchgearbeitet um die Teilnehmer zu verpflegen. Vor allem in der Nacht.

Dieses Jahr sind wir gewachsen. Von 200 Teilnehmer auf über 1000 Teilnehmer. Auch unser Team ist größer geworden. Und mir war von Anfang an klar, ich möchte diese Erfahrung beim Megamarsch Köln 2017 auch selbst sammeln, um wirklich zu wissen, wovon ich spreche.



Gegen 17:00 Uhr ging ich nach einem harten Arbeitstag und 4 Startgruppen, die ich selber auf den Weg geschickt hatte, los. Steffen war mein erster Begleiter. Weil ich mich noch kurz mit den Sanitätern besprach, brauchte ich etwa 200 - 300 Meter, um nach dem Start zu ihm aufzuschließen.

Nach wenigen Kilometern trafen wir noch auf Dominik und Rajeeth aus der Schweiz. Sie waren extra aus Basel angereist. Dominik hatte bereits schon einmal erfolgreich 100 Kilometer in der Schweiz gefinisht. Das Tempo war rasant und so holten wir schnell hunderte Teilnehmer ein. Nach etwa 15 Kilometern bekam ich dann einen Spruch gedrückt: „Das ist doch der, der uns das hier alles angetan hat.“ Nach 2-3 Sprüchen hin und her merkten wir aber, dass die Chemie zwischen uns stimmt. Michael, Jörg und Ben nahmen mich in ihre Gruppe auf. Ihr Tempo war mit etwa 5,4 km/h für mich angenehmer. Steffen zog mit Dominik und Rajeeth davon.



Jörg war der Stimmungsmacher. Jeder bekam von ihm einen Spruch auf Kölsch gedrückt. Immer höflich und immer mit einem Lächeln. Ben war die Sportskanone, der eigentlich Hindernisläufe und Matsch liebt. Michael war der Navigator und hatte die brilliante Idee an seinem Hochzeitstag beim Megamarsch mitzumachen. Ich war einfach der, der alles Schuld war! Das hat einfach gepasst und durch die abwechslungsreichen Gespräche verging die Zeit sehr schnell und somit auch die ersten Kilometer.


An der 1. VPS habe ich meine Kollegen besucht und gesprochen. „Wie läuft’s?, Wie ist das Feedback?, Haben wir genug Verpflegung?“ Und natürlich wurde auch ich nach meinen Befindlichkeiten gefragt. Dann stand ich auch schon wieder am Tisch der Truppe. „Ach da isser ja wieder! Bleibst du bei uns?“, „Wenn dafür euch ok ist…?“.



Wir zogen gemeinsam weiter. Am Rheinbacher Bahnhof machten wir eine kurze Zwischenrast. Wir setzten uns auf die Treppen am Ende der Unterführung. Noch etwa 5 Kilometer zur VPS und wir konnten unsere Erschöpfung schon spüren. Bei den Ersten machten sich Blasen an den Füßen bemerkbar. Plötzlich kamen Steffen, Rajeeth und Dominik die Treppen hoch. „Ach ihr seid hinter uns? Ich dachte ihr seid weit vor uns.“, bemerkte ich und bekam zu hören, dass sie eine 40 Minuten lange Pause an VPS 1 hinter sich hatten. Unsere war nicht so lang und deshalb hatten wir sie eingeholt. Nun gingen wir also zu siebt weiter. Meine alte und meine neue Gruppe waren vereint...

Müdigkeit, Erschöpfung und auch die ersten Blessuren machten sich breit. So kam es dazu, dass drei von uns den Megamarsch Köln bei rund 42 Kilometern an Verpflegungsstation 2 beendeten. Ausgerechnet Ben die Sportskanone, Dominik, der schon einen Hunderter geschafft hatte und Rajeeth, der das Tempo anfangs so hoch hielt, entschieden sich für die wohlverdiente Urkunde und den Weg nach Hause. Nach gründlicher Verpflegung und ordentlich Pferdesalbe für die müden Muskeln ging es für Michael, Jörg, Steffen und mich weiter.



Immer häufiger mussten wir nun kleine Pausen einlegen um zu regenerieren. Nach diesen kurzen Stops den Bewegungsapparat wieder anzuwerfen war mit großen Schmerzen und mit Überwindung verbunden. So schleppten wir uns zur VPS 3. Auf dem letzten Kilometer zur Station machte sich bei mir ein starker Schmerz im linken Knie bemerkbar. Es tat so weh, dass ich beinahe nicht mehr auftreten konnte...


Scheiße, das wars!“. Ich setzte mich auf einen Stuhl, zog meine Kapuze tief ins Gesicht und schloss die Augen. Könnte ein Powernap mir weiterhelfen? Kann ich nicht sagen, denn ich konnte nicht einschlafen. Steffen hatte sich das erreichen der 3. VPS bei etwa 64 Kilometern zum Ziel gesetzt. Diese hatte er nun geschafft und er schaute bei mir vorbei. „Wie sieht’s aus?, fragte er. „Nichts geht mehr. Mein linkes Knie tut höllisch weh.“, war meine Antwort. Was ich zu diesem Zeitpunkt vergessen hatte: Steffen ist Physiotherapeut im 2. Lehrjahr und wie selbstverständlich griff er an mein Knie, tastete es ab und knetet es kräftig durch. Einen Aufschrei konnte ich mir nicht verkneifen. Und es half! Die Schmerzen waren nicht weg, aber es war möglich weiter zu gehen. Vielen Dank nochmals dafür, lieber Steffen!



Beflügelt davon, dass ich weitermache schloss ich zu Steffen auf. „Die 60 habe ich mir vorgenommen, wenn ich jetzt die 80 knacke, habe ich deutlich mehr geleistet als ich mir hätte vorstellen können.“, war seine Begründung. Die Pause an der VPS 3 dauerte nun bestimmt 40 Minuten. Michael und Jörg hatten wir leider aus den Augen verloren. Wir machten uns sorgen, ob sie eventuell ausgestiegen sind oder schon ohne uns weitergelaufen waren. Doch als wir uns wieder auf den Weg machten standen die beiden da und verabschiedeten ihre Frauen, die sie quasi zum Frühstück besucht hatten. Super Aktion von den Damen, denn neben reichlich Motivation hatten sie starken Kaffee und Eibrötchen für die beiden mitgebracht.


Gemeinsam ging es dann auf die vorletzte Etappe. Was ich nun erlebte, veränderte alles. Vom Häufchen Elend, dass sich gerade auf den Beinen halten konnte, kam plötzlich wieder jede Menge Energie in meinen Körper. Dies begann mit den ersten Sonnenstrahlen, die uns gegen etwa 9:00 Uhr trafen. Mit jeder Minute kam mehr Energie. Das führte dazu, dass mir die Zwischenstopps zu lang und zu viele wurden. Mein Tempo wollte ich auch weiter erhöhen. Als dann bei 75 Kilometern in Eiserfey die heftige Steigung kam, konnte ich nicht anders als möglichst schnell dort hoch zu stapfen. An der Seite waren extra Seile befestigt, an denen man sich festhalten konnte. Wie viel Prozent Steigung es tatsächlich dort sind, kann ich nicht auswendig sagen, vielleicht weiß es einer von euch? Dann schreibt es gerne in die Kommentare.



Oben angekommen wurden wir mit einem spektakulären Ausblick belohnt. Mit dem Wetter hatten wir einfach ungeheuer Glück! So küsste uns die Sonne beim kurzen Verschnaufen auf der Bank und lud unsere inneren Akkus wieder auf. Von dort ab wurde es deutlich, ich musste schneller gehen und weniger Pause machen. Das war nun mein Rhythmus, den ich verfolgen sollte. So war ich einige Minuten vor meinen Mitstreitern an der 4. und letzten VPS bei rund 79 Kilometern. Durch unsere häufigeren Pausen wurde das Zeitfenster um die 100 Kilometer in unter 24 Stunden zu schaffen immer kleiner. Angesichts der vielen Höhenmeter müsste man ja davon ausgehen eher langsamer zu werden. Die 24 Stunden wären nicht möglich gewesen. Steffen hat sein gesetztes Ziel übertroffen und stieg wie angekündigt aus. Michael und Jörg wollten weiter gehen, brauchten aber eine längere Pause. Außerdem sollten sich die Sanitäter noch um deren Blasen an den Füßen kümmern.


Michael und Jörg sahen mir an, dass ich auf heißen Kohlen stand und sie meinten: „Komm hau schon ab. Wenn Du das Tempo nicht halten kannst, holen wir dich wieder ein und schleppen dich ins Ziel.“. Das hatte ich gebraucht! Ich wollte meine Gruppe eigentlich nicht verlieren, aber langsamer zu gehen hätte für mich auch mehr Schmerz bedeutet und den wollte ich so weit wie möglich vermeiden. Auch wenn dieser schon zu einer Konstante wurde, an die man sich so langsam gewöhnt hatte...


Ich stapfte die Treppen hoch und begab mich alleine auf die letzte Etappe. Ich war es nun gewohnt in der Gruppe zu gehen und suchte fast schon verzweifelt Teilnehmer, die etwa das Tempo gingen, dass ich mir vorstellte. Doch letztendlich überholte ich mindestens 50 Megamarscher auf der letzten Etappe. Nur Marcel, den ich etwa 10 Kilometer vor Nettersheim traf und noch vom Megamarsch Köln 2016 kannte, konnte mein Tempo noch mitgehen. Letztendlich entschied er sich vernünftiger Weise dann doch wieder dafür Tempo rauszunehmen und bei seiner Gruppe zu bleiben. Vielen Dank jedoch, für das kurzweilige Gespräch und die Erinnerungen an den 1. MMK16. Das hat mich abgelenkt und hat mir zusätzliche Motivation gegeben, das Ding durchzuziehen.



„Nur noch 6,5 Kilometer bis Nettersheim“, stand auf einem Straßenschild und ich freute mich wie ein kleines Kind. Gefühlt hatte ich es jetzt schon geschafft. Kurz dachte ich drüber nach wie lange ich dafür noch gehen müsste. Die Realität war allerdings, dass es noch über eine Stunde dauert. Unglaublich, dass ich das in diesem Moment für wenig hielt. Ich hatte die Relation zu Entfernungen und Zeit verloren. Im Alltag würde ich nur höchst selten eine Strecke von 6,5 Kilometern zu Fuß antreten, außer ich hätte mir konkret vorgenommen zu trainieren. Und da hätte ich keine 94,5 Kilometer und gut 22 Wanderstunden in den Beinen. Einfach verrückt, wenn man drüber nachdenkt.


Kurz vor Nettersheim ging es dann nochmal ordentlich bergauf. Ich dachte eigentlich, das hätte ich schon hinter mir. Aber so ist das beim Megamarsch: „Wenn Du denkst es geht nichts mehr - kommt von irgendwo ein harter Anstieg her.“



Dieser Megamarsch Moment, wenn Du denn den Zielbogen siehst… Unglaublich. Die Beine werden leichter, die ganze Anstrengung ist in diesem Moment vergessen. Keiner kann es dir mehr nehmen. Du hast das geschafft, was nur die Wenigsten schaffen. 100 Kilometer, zu Fuß, in unter 24 Stunden. Die wenigsten können überhaupt 24 Stunden am Stück wach bleiben. Du bist raus aus Deiner Komfortzone und all das realisierst Du in diesem einen Moment.


Die 100 Kilometer Urkunde und die Medaille bezeugen Deine Leistung, was Du allerdings wirklich bei einem Megamarsch mitnimmst, sind viele gute Gespräche, tolle Menschen, Natureindrücke und eine gewachsene Mentalkraft. Auch die mentale Stärke ist wie ein Muskel. Ab und zu sollten wir sie herausfordern und zum wachsen zwingen. Diese gewachsene Mentalstärke können wir dann in sämtlichen Situationen unseres Lebens abrufen und nutzen.



Läuft es beruflich oder privat einmal nicht wie gewünscht, weiß ich nun, dass es sich lohnt weiter zu machen und seine Ziele zu verfolgen.

Aber was soll ich sagen, am besten Du machst Deine eigenen Erfahrungen. Eventuell hast du ja schon Deine Megamarsch-Erfahrung gemacht und möchtest uns davon in einem Kommentar oder sogar in einem Gastartikel auf unserem Blog berichten? Nimm gerne dazu Kontakt mit uns auf.

Wenn Du meine Erfahrungen und Eindrücke während dem Megmamarsch sehen möchtest kannst Du dir auch gerne mein YouTube-Video ansehen: https://youtu.be/8RAOPC4tg7s


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